Bilder-Galerien: Fenster und Maßwerke

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Südseite - 1. Fenster des Südschiffs, von Westen aus gezählt - Blick auf das "Physik-Fenster" von Johannes Schreiter (aufgenommen im November 2015, am Vormittag)

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Heidelberg - Heiliggeistkirche - Nordseite - 1. Fenster des Nordschiffs, von Westen aus gezählt - Blick auf das Fenster "Schöpfungsgeschichte - Gottes Geist über den Wassern" von Hella De Santarossa (aufgenommen im Oktober 2015, am späten Vormittag)

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Heidelberg - Heiliggeistkirche - Westbau - Blick vom 3. Stock des Sozialamtes (im Haus Fischmarkt 2) auf den Westbau und das "Offenbarungsfenster" von Hans Gottfried von Stockhausen (aufgenommen im Juli 2013, am späten Nachmittag)

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Die Fenster und Maßwerke des Langhauses und des Westbaus

Besonderes Interesse verdienen die ungewöhnlichen, in der bisherigen Literatur als phantasielos charakterisierten Maßwerkfenster des Langhauses.

Insgesamt lassen sich am Langhaus fünf unterschiedlich zu datierende Maßwerkgruppen nachweisen.

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Südempore - Fenstermaßwerke (v.l.n.r.: 6. bis 1. Joch, von Westen aus gezählt) (aufgenommen im Mai 2015, nachmittags)

Fenstermaßwerke der Südempore, von innen gesehen
(v.l.n.r.: 6. bis 1. Joch, von Westen aus gezählt, dann Südwestseite)

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Nordempore - Fenstermaßwerke (v.l.n.r.: Nordwestseite, dann 1. bis 6. Joch, von Westen aus gezählt) (aufgenommen im Mai 2015, nachmittags)

Fenstermaßwerke der Nordempore, von innen gesehen
(v.l.n.r.: Nordwestseite, dann 1. bis 6. Joch, von Westen aus gezählt)

Eine gestalterische Einheit bilden zunächst die Fischblasenmaßwerke der Emporen mit der unten aufgebrochenen Dreipassfigur, welche anhand von Vergleichsbeispielen in die 1430/40er Jahre datiert werden können.

Eine ähnliche Maßwerkbildung hat sich an der unter Ludwig III. vermutlich von dem Straßburger Münsterbaumeister Hans Hültz vollendeten Wernerkapelle in Bacharach erhalten. Die am westlichsten Fenster in der Nordwand des Hauptchores vorkommenden „aufgebrochenen“ Maßwerkfiguren mit den flankierenden Fischblasen datieren in die Zeit zwischen 1421 und 1436.

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Aussen / Nord - Blick auf die Nordfassade, das Nordschiff und die Nordempore (aufgenommen im Oktober 2015, am späten Vormittag)

Fenstermaßwerke des Nordschiffs und der Nordempore

Eine weitere Einheit bilden die Maßwerke der Nordseite mit den ungewöhnlichen bahnenübergreifenden Segmentbögen, den klassischen Vierpässen und dem Motiv eines inserierten Spitzbogens am unteren Fenster im dritten Joch der Nordseite.

In unmittelbarem Zusammenhang steht hiermit das nordöstliche Fenster am Chor der 1447 errichteten Marienkapelle in Wertheim, die ihren Formen nach der Frankfurter Bauschule (wohl Nikolaus Eseler d. Ä.) zuzuweisen ist.

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Nordschiff - 6. Joch, von Westen aus gezählt - Maßwerk des Fensters "Schöpfungsgeschichte - Der Baum der Erkenntnis" von Hella De Santarossa (aufgenommen im Oktober 2015, am späten Vormittag)

Maßwerk des östlichsten Fensters des Nordschiffs

Das von der oben beschriebenen Gestaltung abweichende Maßwerk im östlichsten Joch der Langhausnordseite wirkt auf den ersten Blick sehr ungewöhnlich, allerdings gibt es zahlreiche Vergleichsbeispiele.

Besonders ähnlich erscheint ein mit profilierten Stäben konstruiertes Maßwerk am nördlichen Seitenschiff des Ulmer Münsters bzw. eines Maßwerkfensters nördlich der Chorachse an St. Georg in Dinkelsbühl. Ähnliches begegnet darüber hinaus auch bereits um 1430 am Chor von St. Leonhard in Frankfurt (vgl. die dortigen Maßwerkbrücken).

Ferner ist hier als Vergleichsbeispiel ein Maßwerkfenster über dem mittleren Portal der Südfassade von St. Martin in Amberg zu nennen. Auf Ulm/Esslingen verweisen dagegen die großen übergreifenden Segmentbögen an den Fenstern im dritten und vierten Joch der Nordseite, mit denen sich beispielsweise das westlichste Fenster an der Langhaussüdseite der Esslinger Frauenkirche verbindet.

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Südschiff - 6. Joch, von Westen aus gezählt - Blankes Fenster (aufgenommen im April 2013, am frühen Abend)

Maßwerk des östlichsten Fensters des Südschiffs

Von den ersten beiden Maßwerkgruppen isoliert erscheint die Formgebung des unteren Maßwerks im östlichsten Langhausjoch des Südschiffs.

Mit seinen charakteristischen Durchdringungsformen, den Laubbüscheln am Mittelstab sowie den kleinen Blattwerkkonsolen erweist sich dasselbe als Spätbeispiel des an der Mainzer Memorienpforte bzw. in der Vorhalle des Frankfurter Domes vorgebildeten Rutenmaßwerks, zwei bedeutenden Werken des Frankfurter Dombaumeisters Madern Gerthener bzw. des Mainzer Dombaumeisters Peter Eseler.

Da der Frankfurter Dombaumeister für König Ruprecht nachweislich tätig gewesen ist (Rechnungseintrag von 1409), könnte zu vermuten sein, dass Gerthener auch am Bauprojekt des Heidelberger Langhauses planerisch involviert gewesen war.

Da das Rutenmaßwerk in der Gerthener-Nachfolge von den ebenfalls in Mainz und Frankfurt tätigen Baumeistern Peter und Nikolaus Eseler d. Ä. aufgegriffen wurde, ist mit großer Wahrscheinlichkeit einem Vertreter dieser herausragenden Baumeisterfamilie der Entwurf des genannten Maßwerks zuzuweisen.

Auf die hohe Wahrscheinlichkeit dieser These verweist neben den Formübereinstimmungen die Überlieferung einer Heidelberger Tätigkeit des Nikolaus Eseler für das Jahr 1467 („Am 2. Juni 1467 folgte er mit Erlaubnis der Kapitelsherrn und des [Mainzer] Erzbischofs einer Einladung des Kurfürsten Friedrich I. von der Pfalz auf eine bestimmte Zeit nach Heidelberg zur Besichtigung eines Baus“). Aufgrund dieser Quelle scheint es möglich, dass Eseler nicht nur das besagte Fenster konzipiert hat, sondern damals den von ihm schon in den Jahren zuvor vermutlich betreuten Bau begutachtete.

Auf die Beteiligung der Frankfurter Bauschule am Langhausbau von Heiliggeist deuten neben den genannten Sachverhalten auch die hier erstmals genannten Beziehungen zwischen den Heidelberger Seitenschiffmaßwerken und dem Maßwerkportal an der Stiftskirche zu Wertheim. Letzteres steht in seiner Detailausbildung – man vergleiche den maßwerkbesetzten Schulterbogen, die rechteckige obere Umrahmung mit dem Überstabungsprofil und die Blattwerkkonsolen am Erker – mit dem Rutenmaßwerkfenster der Heiliggeistkirche in derart engem Zusammenhang, dass eine Baumeisterbeziehung unzweifelhaft vorauszusetzen ist.

Eine weitere Unterstützung erfährt diese These durch einen Vergleich mit den Chorfenstern an der um 1447 offenbar von demselben Baumeister erbauten Wertheimer Marienkapelle, welche das ebenfalls äußerst ungewöhnliche Motiv der rechteckigen Fenstereinfassungen, wie es an der Südfassade von Heiliggeist ebenfalls zur Anwendung gelangte, rezipiert. Im Einklang mit diesen Beobachtungen steht schließlich auch das Motiv des nordöstlichen Chorfensters der Marienkapelle dessen „Bogenstapelung“ (vgl. oben) sich mit dem Fenster im dritten Joch der Langhausnordseite an der Heiliggeistkirche verbindet.

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Südseite - Blick auf das Südschiff und die Südempore (aufgenommen im Oktober 2015, am Nachmittag)

Fenstermaßwerke des Südschiffs und der Südempore

Die vierte Maßwerkgruppe bilden die unteren Maßwerkfenster des dritten bis fünften Joches der Südseite, welche einen zentralen Dreipass mit seitlichen Fischblasen kombinieren, und eine manierierte spätestgotische Ausbildung der Maßwerknasen erkennen lassen. Da die Fenster sicher einige Jahre älter als die nachträglich vorgebauten Kappellengehäuse waren, dürfte ihre Erbauungszeit kurz vor 1487/1500 anzunehmen sein.

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Aussen / West - Blick nach oben auf das Westwerk und den Turm (aufgenommen im Februar 2014, am Nachmittag)

Maßwerke des Westbaus

Als fünfte Maßwerkgruppe sind die reichen Fischblasenmaßwerke des Westbaus und des Turmes anzusprechen, welche nach Ausweis der Fischblasenfigurationen an der Ersheimer Kapelle (Chorbau ab 1517) und der St.-Anna-Kapelle am Karmeliterkloster Hirschhorn (1515) in das beginnende 16. Jahrhundert datiert werden müssen.

Auf die späte Entstehungszeit der genannten Bauteile verweisen darüber hinaus die an den Turmfenstern vorkommenden spätestgotischen „Durchsteckungen“ und eine Bauinschrift von 1517 an der Südwand im Inneren der oberen Empore des Westbaus.