Bilder-Galerien: Die Fenster

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Chor - Blick von unten auf die östlichen Chorfenster, vor der Ostwand stehend (aufgenommen im Dezember 2013, am späten Vormittag)

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Heidelberg - Heiliggeistkirche - Südschiff - 1. Joch, von Westen aus gezählt - Gesamtaufnahme des "Physik-Fensters" von Johannes Schreiter (aufgenommen im Oktober 2015, am späten Vormittag)

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Heidelberg - Heiliggeistkirche - Nordschiff - 4. Joch, von Westen aus gezählt - Ausschnitt aus dem Fenster "Schöpfungsgeschichte - Der Weltkreis ist voll vom Geiste Gottes" von Hella De Santarossa (aufgenommen im Oktober 2015, am Nachmittag)

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Heidelberg - Heiliggeistkirche - Südempore - 4. Joch, von Westen aus gezählt - Fenster und Maßwerk (aufgenommen im Juni 2015, am Nachmittag)

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Heidelberg - Heiliggeistkirche - Westempore - Mittleres Drittel des "Offenbarungsfensters" von Hans Gottfried von Stockhausen (aufgenommen im Mai 2014, am frühen Nachmittag)

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Heidelberg - Heiliggeistkirche - Westbau - Emporenebene - Nordwestseite - Fenster nach Norden hin (aufgenommen im Juni 2015, am Nachmittag)

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Die Fenster der Heiliggeistkirche

Die Architektur der Gotik erlaubt es – im Gegensatz zur vorausgegangenen Epoche der Romanik –, durch Ableitung des Gewölbedrucks auf Rippenkonstruktionen und Strebepfeiler die Wände von ihrer Trägerfunktion zu entlasten und durch große, farbig verglaste Fenster transparent zu machen. Anders als die kleinteilig dicht komponierten, in intensiver Farbigkeit mystisch glühenden Fenster der hochgotischen Kathedralen – wie etwa in Chartres oder Metz – waren jedoch die Fenster spätgotischer Sakralbauten wie der Heidelberger Heiliggeistkirche hell und großflächig gestaltet.

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Südseite - Blick auf die gesamte Südseite, vom Westwerk bis zum Chor (aufgenommen im Oktober 2015, am frühen Nachmittag)

Blick auf die Fenster der Südseite

Dass aus der Erbauungszeit von Heiliggeist keine Glasfenster erhalten sind, kann angesichts der historischen Schicksale der Kirche nicht verwundern. Abgesehen von den Zerstörungen der Kriege hatte die einst reiche Ausstattung unter der bilderfeindlichen Regierung der reformierten Kurfürsten zu leiden. Bildliche Darstellungen wurden schonungslos beseitigt, was ohne Frage auch die Glasfenster betraf.

Doch auch in der folgenden Barockzeit, unter den katholischen Kurfürsten, waren farbige Fenster und auch mittelalterliche Wandmalereien verpönt. Das Kircheninnere erstrahlte damals in hellen Farben, Malereien, so noch erhalten, verschwanden unter Putz und wurden erst später zum Teil wieder freigelegt. Im Bereich der kleinen Emporen im Westen der Seitenschiffe lässt sich anhand der dort konservierten Fassung des 18. Jahrhunderts noch ein Eindruck vom einst barock gewandeten Inneren der Kirche gewinnen.

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Westbau - Mittlere Zwischen-/Orgelempore - Südseite - Blick vom Südschiff auf den barocken Balkon (aufgenommen im Juli 2015, am Nachmittag)

Blick vom Südschiff auf den barocken Balkon der Zwischenempore

Mehrfach waren in der jüngeren Vergangenheit Pläne entwickelt worden, die rein ornamentale Verglasung des 19. Jahrhunderts durch ein neues, anspruchsvolleres Programm zu ersetzen.

1965 erhielt der Altmeister der modernen Glasbildgestaltung, Hans Gottfried von Stockhausen (1920-2010), den Auftrag, ein großes Fenster über der Westempore zu gestalten. Es thematisiert in bewegter und bewegender Formensprache Motive aus der Apokalypse des Johannes, entsprechend der ikonographischen Tradition, die den Westen des Kirchenraumes als Ort des Eingangs und Ausgangs, der Vorhalle und mithin Nahtstelle zur außerkirchlichen Welt versteht und damit zugleich als Ort des Gerichtes und der Wiederkunft Christi.

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Westempore - Mittleres Drittel des "Offenbarungsfensters" von Hans Gottfried von Stockhausen (aufgenommen im Mai 2014, am frühen Nachmittag)

Mittleres Drittel des „Offenbarungsfensters“ von Hans Gottfried von Stockhausen

1981 erhielt der in Langen bei Darmstadt ansässige international renommierte Glasbildgestalter und ehemalige Rektor der Frankfurter Städelschule Johannes Schreiter (geb. 1930) als Ergebnis eines international ausgeschriebenen Wettbewerbs den Auftrag, ein Konzept für die Neuverglasung der Kirche zu entwickeln. Schreiter plante, bezugnehmend auf die damalige Funktion von Heiliggeist als Universitätskirche und die einst auf den Emporen der Kirche aufbewahrte Biblioteca Palatina, die zu ihrer Zeit umfassendste und berühmteste Bibliothek des Abendlandes, sowie die Verschiedenheit der Bauteile Chor und Langhaus – ersterer weit und hell, letzteres eher eng und düster – im Schiff anhand von faksimilierten Schriftdokumenten die Vielfalt der wissenschaftlichen Disziplinen darzustellen.

Ein intensives Rot als Farbe des Heiligen Geistes, aber auch des Feuers, der Dynamik, der Liebe und des Blutes, sollte, gleichsam als „Generalbass“, die verschiedenen Fenster des Zyklus miteinander verbinden. Sprünge, Risse und Brandmale sollten auf die Begrenztheit menschlichen Wissens verweisen, im Chor dann aber wollte Schreiter, gleichsam als Antwort, in strahlendem Licht Texte der Offenbarung aufscheinen lassen, versehen mit Spuren rinnenden Blutes als Zeichen für Jesu Leiden und Tod.

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Südschiff - 1. Joch, von Westen aus gezählt - Ausschnitt aus dem "Physik-Fenster" von Johannes Schreiter (aufgenommen im Oktober 2015, am Nachmittag)

Ausschnitt aus dem „Physik-Fenster“ von Johannes Schreiter

Als „Probefenster“ wurde im südlichen Seitenschiff das Physikfenster eingesetzt. Es konfrontiert die Einsteinsche Formel e= mc² mit dem Datum der Zerstörung Hiroshimas am 6. August 1945 sowie mit einem Brandmal und zwei Bibeltexten, die Warnungen, aber auch Trost aussprechen. Weitere Fenster des geplanten Zyklus, der, verteilt auf beide Seitenschiffe, insgesamt zehn Fenster mit den Themen Literatur und Philosophie, Musik, Computer, Medizin, Medien, Physik, Ökonomie, Chemie, Biologie und Verkehr umfassen sollte, wurden später zwar ausgeführt, befinden sich aber heute nicht am vorgesehenen Ort, sondern in verschiedenen Sammlungen.

Nach dem Scheitern dieses groß angelegten, Architektur, Geschichte und Aktualität inhaltlich und formal eindrucksvoll verbindenden und theologisch ausdeutendes Projektes im mittlerweile sprichwörtlich gewordenen „Heidelberger Fensterstreit“, war die Chance einer umfassenden einheitlichen Gestaltung nicht mehr gegeben. Doch eröffnete sich, als in einem zweiten Anlauf 1997 aus einer Reihe prominenter Bewerbungen die Entwürfe von Hella Santarossa zur Realisierung ausgewählt wurden, eine neue, freilich völlig andersartige Chance.

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Nordschiff - 6. Joch, von Westen aus gezählt - Erste Zeile des Fensters "Schöpfungsgeschichte - Der Baum der Erkenntnis" von Hella De Santarossa (aufgenommen im Oktober 2015, am späten Nachmittag)

Erste Zeile des Fensters „Der Baum der Erkenntnis“ von Hella De Santarossa

Fast wie in einem Museum der Glaskunst können heute in Heiliggeist fünf grundverschiedene Möglichkeiten neuer und neuester Fenstergestaltung studiert und miteinander verglichen werden:

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Südempore - 6./5./4./3./2./1. Joch, von Westen aus gezählt - Fenster und Maßwerk (aufgenommen im Juni 2015, am Nachmittag)

Fenster und Maßwerke der Südempore

Die Fenster der Emporen, vom Schiff aus nicht sichtbar, aber für dessen indirekte Belichtung durchaus von Bedeutung, mögen für die farblos durchsichtige Verglasung der Barockzeit stehen.

Heidelberg - Heiliggeistkirche - Südschiff - 2. bis 4. Joch, von Westen aus gezählt - Die drei Ornamentfenster (aufgenommen im Oktober 2015, am Nachmittag)

Die drei Ornamentfenster des Südschiffs

Sodann sind da, den Raumeindruck bestimmend, die in zurückhaltend warmen Farben rein ornamental gestalteten Fenster des 19. Jahrhunderts im südlichen Seitenschiff und im Chor, ferner Stockhausens expressives Westfenster von 1965, Schreiters Physikfenster von 1984 und schließlich, im nördlichen Seitenschiff, dessen historistische Vorgängerverglasung 1945 infolge der durch die Sprengung der nahen Carl-Theodor-Brücke erzeugten Druckwelle zerstört und später durch provisorisches Fensterglas ersetzt wurde, die fünf zwischen 1998 und 2001 ausgeführten Nordfenster von Hella Santarossa.

Die Fenster der 1949 geborenen Berliner Künstlerin behandeln in neuartiger „Sandwich-Technik“, unter vielschichtiger Verwendung von Glasbruch-Fragmenten, Siebdruck und Fotografie, das Wirken des Geistes, bezogen auf die biblische Schöpfungsgeschichte. Im einzelnen, von Westen nach Osten: „Gottes Geist über den Wassern“, „Gottes Geist über dem Chaos“, „Gott sprach, es werde Licht“, „Der Weltkreis ist voll vom Geiste Gottes“ und „Der Baum der Erkenntnis“.

Autor: Hans Gercke