Zur stilistischen Einordnung und Datierung der Gewölbe
Die ausgesprochen spätestgotischen Detailausbildungen an den Gewölben weisen auf die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Die Verwendung drei- und vierpassförmiger Schlusssteine in Kombination mit den an fast allen Gewölben des Langhauses vorkommenden Verschneidungen der Gewölbeanfänger mit einem über dem Konsolstein gelegenen Säulenstumpf ist – ebenso wie die Verwendung von Kopfmasken und Wappensteinen als Konsolen – an zahlreichen um 1480-1520 entstandenen Kirchenbauten der Region nachzuweisen.
Vergleichsbeispiele stellen die Gewölbeanfänger in den Kirchen von Neckarsteinach, Hirschhorn (Ersheimer Kapelle) und Dossenheim dar. Schließlich ist als Parallelfall in nächster Nähe die um 1485-1496 entstandene Kirche St. Peter in Heidelberg (Gewölbeanfänger am Chorbogen mit Wappenstein und Säulenstumpf) zu nennen.
Die für das Langhaus der Heiliggeistkirche typische Verwendung von Kopfkonsolen lässt sich auch an Gewölben im Profanbau nachweisen. So haben sich ganz ähnliche Kopfkonsolen in der Torhalle des Torturmes des Heidelberger Schlosses aus der Zeit des beginnenden 16. Jahrhunderts erhalten.
Einen weiteren Datierungsansatz bietet der Vergleich der doppelt gekehlten Konsolen im westlichsten Mittelschiffjoch mit den gleichartig gestalteten Konsolen im südlichen Kapellenanbau an der Heidelberger Peterskirche.
Da schließlich auch die an den Seitenschiffgewölben des Heiliggeist-Langhauses vorkommenden Steinmetzzeichen mit den Steinmetzzeichen der spätgotischen Schlossbauten übereinstimmen, muss davon ausgegangen werden, dass die Gewölbe des Langhauses erst gegen 1500 eingezogen wurden.
Ein besonders kühn konstruiertes figuriertes Gewölbe befand sich bis zu seiner Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg über dem Hauptportal der Kirche und ist nach den noch vorhandenen Rippenansätzen als Parallelrippengewölbe zu rekonstruieren. Wahrscheinlich geht der Entwurf dieses ungewöhnlichen Gewölbes auf den 1467 in Heidelberg erwähnten Baumeister Nikolaus Eseler zurück.
Eine im Grundriss fast gleichartige, jedoch ohne hängenden mittleren Gewölbeanfänger konstruierte Gewölbefigur hat Nikolaus Eseler an der nördlichen Vorhalle der Kirche St. Georg in Nördlingen bereits um 1447 ausgeführt.
Die schirmartige Konstruktion des früher vorhandenen hängenden Gewölbeanfängers über dem Scheitel des Portals bezog sich auf die sehr ähnliche Gewölbesituation im Chor, wo von der Mittelachse aus fünf Rippenstrahlen aufstreben. Eine ähnliche Gewölbebildung, die als allgemeines Vorbild gedient haben könnte, zeichnet die Vorhalle der Goldenen Pforte Peter Parlers am Prager Veitsdom aus.
Autor: Julian Hanschke
Siehe auch
- Einführung: Zur Geschichte der Kirche, Der Bau im Überblick, Alte Pläne und Zeichnungen
- Impressionen: Die Kirche von außen und innen, Die Fenster, Die Ausstattung
- Die Kirche im Detail: Von außen, Von innen, Die Ausstattung