Das Langhaus – Struktur und Grundriss
Das Langhaus der Heiliggeistkirche bildet (abgesehen vom Westbau) in seiner Grundstruktur eine sechsjochige Emporenhalle aus drei annähernd gleich dimensionierten Schiffen.
Seine Abmessungen entsprechen mit 27,8 x 22,3 Metern (Länge x Breite) ziemlich genau den Proportionen des Chorbaus.
Um eine einheitliche äußere Verbindung mit dem Chorbau herzustellen, wurden sowohl die Tiefe der Langhausjoche als auch die Höhe der Außenwände an den Chorbau angepasst.
Den westlichen Abschluss des Langhauses bildet der in den Seitenteilen dreistöckige Westbau mit dem mittleren vierkantigen Frontturm.
Die seitlichen Arkaden des Langhauses ruhen auf Säulen mit alternierend kreisförmigem bzw. ovalförmigem Querschnitt. Wie Eberhard Zahn nachweisen konnte, waren den Säulen ehemals Wandvorlagen in Verlängerung der kleinen Dienste zwischen den Emporenöffnungen vorgestellt gewesen.
Die Sockel der Langhausarkaden bestehen aus oktogonalen Podesten, die mittels einer flachen Hohlkehle zum Säulenschaft überleiten. Oberhalb der Säulen finden sich anstelle der sonst üblichen Kapitelle leicht vorkragende oktogonale Aufsätze, die mit den doppelt gekehlten Bogenansätzen der Arkaden geometrisch verschleifen.
Eine reichere Formgebung zeichnet das Emporengeschoss aus. Seine Arkaden lasten auf oktogonalen Pfeilern mit niedrigen, ebenfalls oktogonalen Sockeln.
Letzteren wurden zur Aufnahme der Gewölbeanfänger kleine Säulchen mit Laubwerkkapitellen und runden Sockelsteinen vorgeblendet.
Das geschosstrennende Gurtgesims unterhalb der Emporen besitzt ist halbkreisförmig um die Sockelsteine der kleinen Säulchen herumgeführt.
Die ursprünglich sich nach unten fortsetzenden Säulenschäfte wurden in der Barockzeit durch kleine, z.T. sehr unregelmäßig profilierte Barockkapitelle ersetzt, die wohl aus der Masse der ehemaligen Wandvorlagen herausgearbeitet wurden.
Mit Ausnahme des zweiten Mittelschiffjoches, das mit einem Sternengewölbe ausgezeichnet ist, sind sämtliche 29 Langhausjoche mit Kreuzrippengewölben überdeckt.
Auch die insgesamt sechs Gewölbe in den Seitenteilen des Westbaus sind mit Kreuzrippen unterstützt.
Lediglich die beiden Wölbungen im Turmjoch zeigen schlichte, in der Barockzeit hergestellte Kreuzgratgewölbe, welche die ursprünglichen, im Pfälzischen Erbfolgekrieg eingestürzten Rippengewölbe ersetzen.
Insgesamt bewahrt das Langhaus einschließlich des Westbaus 38 Gewölbe.
Im Widerspruch zu der auf ersten Blick einheitlich wirkenden Gesamtstruktur des Langhauses stehen überaus zahlreiche kleinere Unregelmäßigkeiten, die auf eine wenig konsequente Bauleitung, häufige Planwechsel und eine lange Bauzeit hindeuten.
Daneben ist manche Unstimmigkeit, wie schon Zahn 1960 feststellte, nachweislich auf die Feuerzerstörung der Kirche im Pfälzischen Erbfolgekrieg zurückzuführen. So war nach Ausweis der Bauakten das Innere der Kirche durch den Brand so stark beschädigt worden, dass Ende des 17. Jahrhunderts fast alle Werksteinteile erneuert werden mussten.
Autor: Julian Hanschke
Eckdaten zur Baugeschichte des Langhauses
1436 | Testamentarische Bücherstiftung Ludwigs III., Planung zum Langhaus als Emporenanlage. |
1436/1441 bis ca. 1470 | Arkaden, Außenwände und Maßwerkfenster des Langhauses, Rutenmaßwerk des Nikolaus Eseler vgl. Maßwerke der Marienkapelle in Wertheim von 1447 und der Vorhalle der Stiftskirche in Wertheim (rechteckige Überstabungsrahmungen, Rutenmaßwerk), etwa zeitgleich Bau der Kirche von Armsheim, deren Langhaus ebenfalls mit im Grundriss ovalförmig verzogenen Säulenstellungen versehen ist. Endausbau des Turmes. |
1471 | Das Langhaus ist wohl vollständig benutzbar, urkundlich überlieferte Überlegungen zum Ausbau des Westturmes. |
Bis 1487 | Die Seitenkapellen werden an den Bau angefügt, die freien Plätze um die Kirche herum werden an Händler zur Errichtung von Krambuden veräußert. |
1487 bis ca. 1500 | Wölbung des Langhauses, Baudetails der Wölbung entsprechen der 1485-1496 erbauten Peterskirche, Steinmetzzeichen gleichen denen der Schlossbauten um 1500. |
Siehe auch
- Einführung: Zur Geschichte der Kirche, Der Bau im Überblick, Alte Pläne und Zeichnungen
- Impressionen: Die Kirche von außen und innen, Die Fenster, Die Ausstattung
- Die Kirche im Detail: Von außen, Von innen, Die Ausstattung