Die Westfassade, das Westwerk und der Turm
Der Westbau des Langhauses setzt sich aus dem Eingangsjoch unter dem viereckigen Turmbau und den dreigeschossigen Seitenjochen zusammen.
Die Fassadengliederung des nördlichen Westbaus besteht aus zwei übereinander liegenden zweibahnigen Fenstern mit gleichförmigem Maßwerk. Das Mauerwerk darunter zeigt Brandabplatzungen und Beschädigungen, die wohl aus der Zeit des Pfälzischen Erbfolgekrieges herrühren.
Im Gegensatz zum nördlichen Teil der Westfassade ist der südliche Teil nicht durchfenstert.
An die Stelle der Maßwerkfenster tritt ein mit drei Seiten nach außen tretender Treppenturm, der an den Kanten mit abgetreppten Miniaturstrebepfeilern verstärkt ist und von kleinen Fensterschlitzen belichtet wird. Am Fuße des Turmes ist die innere Treppe durch ein Segmentbogenportal zugänglich.
Turmbau und Vorhalle
Der Westturm ist ein im Grundriss quadratisches Gebilde mit seitlichen Strebewänden, die sich über mehrere Gesimse schrittweise nach oben verjüngen.
Ein herausragendes, bedauerlicherweise nur als Fragment überkommenes Bauteil bildet die in den 1950er Jahren wieder freigelegte Eingangshalle, welche den Haupteingang der Kirche vor der Witterung bewahrte.
Ursprünglich war die Vorhalle mit einem komplizierten Gewölbe überdeckt gewesen. Auf die frühere Gewölbefiguration weisen die erhaltenen profilierten Rippenansätze in den Ecken hin.
An der Wand über dem Portal finden sich zudem noch Reste zweier Schildbögen.
Die im Mauerwerk darüber festzustellenden radial angeordneten Fugen weisen auf einen (früher hier vorhandenen) hängenden Gewölbeanfänger, welcher der Portalmittelachse vorgeblendet war. Vermutlich bis zur Brandzerstörung der Kirche im Pfälzischen Erbfolgekrieg bestand hier ein Parallelrippengewölbe.
Jüngeren Datums ist die Erneuerung des breiten Frontbogens und die dahinter liegende Spitztonnenwölbung. Ferner gehören der Restaurierungsphase der 1950er Jahre das Portaltympanon an.
Eine bedeutende Steinmetzarbeit stellen die Konsolsteine des Schulterbogens dar, welche an den Innenseiten mit skulptierten Wappen versehen sind. Es handelt sich an der Südseite um das Sovoysche Kreuz, an der Nordseite um den Scheyernschen Adler. Als Wappenhalter dienen ein Adler bzw. ein Engel über einem Wolkenband.
Da die mit den Schlossbauten übereinstimmenden Steinmetzzeichen des Portals auf eine spätere Zeitstellung, frühestens auf die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts hindeuten, müssen die um 1430 entstandenen Wappen als Relikte eines älteren Portals interpretiert werden. Hierauf verweist auch das vom übrigen Turmbau abweichende gelbe Steinmaterial der Wappenkonsolen.
Die nach oben folgende Turmfassade bewahrt zwei sehr hohe Maßwerkfenster. Das Maßwerk des unteren Fensters ist vierbahnig, das Bogenfeld setzt sich aus sechs kunstvoll arrangierten Fischblasen zusammen.
Unvollendet erscheinen die plumpen Fialentürmchen, welche den spornartigen obersten Abschnitt der Turmstreben flankieren. Die Turmstreben reichen fast bis unter die Plattform des obersten Vierkantgeschosses hinauf. Ihr oberes Ende ist mit geschweiften Wimpergen und einer obersten Fiale bekrönt, welche mit dem auskragenden Plattformgesims verschneidet.
An der Nordostecke erhebt sich ein achteckiger, mit Rundfenstern versehener Treppenturm, der von einer barocken Haube überdeckt ist.
Mit seinen kleinen Rundbogenfenstern und dem Verzicht auf außen ansetzende Strebepfeiler entspricht der Treppenturm in jeder Hinsicht dem Treppenturm an der Südwestecke des Frauenzimmerbaus auf dem Heidelberger Schloss.
Die Übereinstimmungen lassen gemeinsam mit der Bauinschrift an der Westseite des Turmes, welche die Jahreszahl 1508 überliefert, die Tätigkeit des Schlossbaumeisters Lorenz Lechler am Endausbau der Heiliggeistkirche vermuten.
Weiterhin verbinden sich mit dem Schlossbau die Gestaltung des Turmoktogons, das dortige Fischblasenmaßwerk, die tief gekehlten Laibungen und die oben geschweiften Strebepfeiler, welche am Erker des um die gleiche Zeit (ca. 1515) errichteten Bibliotheksbaus in verkleinerter Form wiederkehren.
Das nachfolgende, von einer Balustrade umsäumte Oktogongeschoss ist mit Eckstreben akzentuiert, die sich im obersten Drittel zu kastenförmigen Pfeilern verjüngen. Die zwischen den Pfeilern befindlichen Wandstücke enthalten schmale zweibahnige Fenster mit einem alternierenden, aus zwei Fischblasenfigurationen geformten Maßwerk.
Vor der südöstlichen Schrägseite des Oktogons fügt sich ein weiterer Treppenturm mit geschweiftem Dach an.
Den monumentalen Abschluss des Turmbaus bildet eine achtseitige Welsche Haube mit Laternenaufsatz.
Autor: Julian Hanschke
Eckdaten zur Baugeschichte des Turms
Zwischen 1417 und 1436 | Baubeginn zwischen 1417 und 1436 (Datierung nach den Wappen Ludwigs III. und Mechthilds von Savoyen), hiermit einhergehend Bau der durch drei hohe Arkaden aufgebrochenen Wand in der Flucht der Ostseite des Turmes. |
1467 | Nikolaus Eseler d. Ä. in Heidelberg, Gutachten Nikolaus Eselers zum weiteren Ausbau des Turmes? |
Ca. 1460-1470 | Jedenfalls vor 1483, dem Todesjahr Nikolaus Eselers, Neubau des Portals unter Wiederverwendung der Wappen Ludwigs III. und Mechthilds von Savoyen durch Nikolaus Eseler, vgl. Südportal von St. Georg in Nördlingen. |
1508 bis ca. 1515 | Etwa gleichzeitig bis 1517 Anbau der Seitenjoche an den Turm, vgl. Baudatum 1517 an der Fensterlaibung im Obergeschoss des südlichen Westbaus. |
Siehe auch
- Einführung: Zur Geschichte der Kirche, Der Bau im Überblick, Alte Pläne und Zeichnungen
- Impressionen: Die Kirche von außen und innen, Die Fenster, Die Ausstattung
- Die Kirche im Detail: Von außen, Von innen, Die Ausstattung